Es ist vorbei. Also der Oktober ist rum. Wer hätte es
geahnt. Heute ist in anderen Gebieten in Deutschland Allerheiligen, hier nicht
und gestern war der Vorabend zu Allerheiligen, All Hallows Eve, Halloween, dass
mir in meiner Kindheit überhaupt nicht bekannt war, trotz einiger Filme, die im
Fernsehen liefen. Aber das ist wie mit anderen Gebräuchen, zum Beispiel aus den
asiatischen oder orientalischen Gebieten, die man möglicherweise zwar kennt,
aber sonst nicht beachtet. Auch im Umfeld, sprich meines Freundeskreises in
meiner Kindheit kam niemand auf die Idee sich Ende Oktober auf irgendeine Weise
zu verkleiden. Das seltsame Fest, dass auf das keltische Samhain zurückführt,
schien erst nach der Jahrtausendwende gefallen in der deutschen Unkultur zu
finden, als es zuvor in Amerika schon sehr stark kommerzialisiert wurde.
Heute dürfen die Katholiken die Sau raus lassen, wobei dies
so nicht stimmt. Sie haben zwar größtenteils einen arbeitsfreien Tag, aber
Allerheiligen hat überhaupt nichts mit Feiern zu tun. Gewidmet ist der Tag an
die zahllosen Heiligen, die die Kirche ernannt hat. Und es wäre schon unrecht
würde man jedem Heiligen einen Feiertag widmen, dann hätten die Katholiken fast
jeden Tag im Jahr frei. Allerheiligen ist ein stiller Feiertag, das heißt dass
im gesamten katholischem Gebiet niemand tanzen darf oder laute Musik hören
sollte. Es ist verboten. Eigentlich wäre dies ein gutes Geldgeschäft für das
Land, wenn die Polizei lautstarke Jugendliche abstrafen würde, aber
wahrscheinlich wird das nicht getan. Vielleicht würden dann die jungen Leute
erfahren, warum ausgerechnet dieser Tag frei ist. Bildung hat noch nie jemanden
geschadet.
Lieber werden die Kinder in der Schule herabgestuft, wo sie
noch weiter in den Keller getrieben werden, anstatt gefördert zu werden.
Deutschland das Land der Dichter und Denker. Der Satz könnte so schön sein,
wenn er doch jetzt noch wahr wäre. Aber nicht umsonst wird die heutige
Generation als "Generation Chancenlos" betitelt, wie ich nicht nur in
objektiven Informationsportalen, sondern auch schon in den Kommerziellen lesen
durfte. Die letzten großen deutschen Denker, die mir ein Begriff sind, fallen
in das frühe 20. Jahrhundert und sind mit dem Ende des zweiten Weltkrieges
verschwunden, oder haben ihren Lebensabend in Amerika verbracht und starben
dort auch, nicht das einer denkt, die spielen da immer noch jeden Montagabend
Bingo oder gehen sonntags kegeln, so wie es sich für gestandene Denker gehört.
Wie es mit Dichtern aussieht, weiß ich nicht zu sagen.
Impressionisten, wie Rilke sollten noch ein Begriff sein, aber danach hört es
leider schon auf. Vielleicht kommt doch noch mal ein Neuzeit-Goethe, der den
Deutschlehrern der Zukunft ordentlich Stoff gibt. Möglicherweise gibt es keine
guten Dichter mehr, weil bewusstseinserweiternde Drogen verboten sind. Viele
gute Lieder sind unter dem Einfluss von LSD und ähnlichen Substanzen
entstanden. Man schaue sich die Beatles an. Aber anscheinend sehen bei so einem
Trip auch bestimmte Frisuren ganz gut aus. Wer weiß. Eine Möglichkeit wäre,
dass früher die Leute nichts zu tun hatten und deshalb Gedichte, ganze Bücher
oder Relativitätstheorien schrieben.
Heute nutzt man doch lieber Gesichtsbücher, wo in jedem
Zweiten das Gleiche drin steht. Also vom Schema. Wann habt ihr das letzte Mal
ein Kind, das älter als 10 Jahre ist, auf der Straße, Wiese oder im Wald
spielen sehen, mit seinen besten Freunden? Lange ist es her. Sie spielen jetzt
Facebook über ihre Mobiltelefon, während sie vorm Fernseher sitzen und gar
nicht wissen was dort läuft und verlassen nur ihr Zimmer, um zu Essen, aufs Klo
zu gehen, oder wenn es doch mal in die Schule geht, wo sie übrigens auch nur
über ihre Telefone hängen, anstatt aufzupassen und etwas für das spätere Leben
zu lernen. Da wären wir wieder bei unserer wichtigsten Generation.
Wie erklären sie dann später mal ihren Kindern, wie die Welt
funktioniert, wenn sie nur wissen, was das eigene Berührungsbildschirmtelefon
alles auf dem Kasten hat. Und Kasten passt wirklich schon sehr, da sie
mittlerweile in keine Tasche mehr passen. Bald sind wir wieder bei den großen
gelben Telefonzellen, nur mit graphischer Bedienoberfläche, die dann durch
Ultramegagigahyperleichtbauweise auch noch tragbar sind oder wahrscheinlich
doch auf Rollen bewegt werden müssen, so wie es jetzt schon mit den
Schultaschen passiert ist.
Zu unserer Schulzeit hatten wir noch Muskeln in den
Schultern und haben unsere 20 Kilogramm Ranzen auf dem Rücken getragen. Jeden
Tag. In naher Zukunft kriegen die Rollranzen noch Elektromotoren, damit man
ihnen nur noch die Richtung weisen muss, aber das wird auch noch optimiert und
per Fernsteuerung wird das Gefährt bewegt. Vielleicht kommt es gar nicht dazu,
weil die Schule dann über das Internet stattfindet und man nicht mal mehr das
Zimmer verlassen muss. Da wünscht man sich doch liebend gerne den Rohrstock
zurück, wenn man solche Gedankenrichtungen einschlägt. Eine frohe Zukunft.
Euer Wetterschaf
In der Arte-Dokumentation "Endstation Fortschritt" wird das anhand des Mammuts schön erklärt. Die Menschen haben einen Speer gebastelt um ein Mammut zu töten und sich und ihre Familie zu versorgen. Das war ein Fortschritt. Dann haben sie mit der Zeit Speer-Tricks erlernt und konnten mit einem Speer gleich zwei Mammuts töten. Immer noch ein Fortschritt. Dann haben sie gelernt die Mammuts mit Hilfe des Speers in eine Falle zu locken, sodass 10 Mammuts den Abhang runtergefallen sind. Zuviele für den Eigenbedarf. Also wurde damit gehandelt. Irgendwann kann man soviel Fleisch nicht mehr lang genug lagern, also muss man Kühlschränke bauen. Die fressen wiederum Strom. Heute darf die Kühlkette nicht unterbrochen werden. Wo endet der Nutzen von Fortschritt? Willkommen im Land der Richter und Henker.
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