Montag, 9. März 2015

70 Jahre Bombardierung Dessaus - Wer ist schuld?

Sieben Dekaden und 2 Tage liegt es zurück, dass die Alliierten ihren Bombenteppich auf Dessau abwarfen und über 90% der Innenstadt zerstörten. Hunderte Opfer gab es und die Stadt brauchte Jahre für den Wiederaufbau. Heutzutage macht sich das fast nur noch an der fehlenden Altstadt und an einem Denkmal auf dem Ehrenfriedhof bemerkbar. Einen Trauermarsch gibt es seit einigen Jahren noch, der von dunkelgekleideten Menschen praktiziert wird, die vorwiegend schwarze Flaggen tragen, auf denen Städtenamen in deutscher Schrift stehen. 

Nazis. Ich bin kein Freund von ihnen, aber sie sind die einzigen, die noch öffentlich auf der Straße an die Opfer dieser Terrornacht erinnern. Wer nicht so ganz auf diese Gruppe steht, konnte sich abends in die Kirche setzen und einem Gedenkgottesdienst beiwohnen, aber der Großteil der Leute, die an jenem Sonnabend auf die Straße gingen, taten es nicht wegen dem Gedenken an die Opfer, eher wurde gefeiert bei Live-Musik mit buntem Bühnenprogramm. Ihr Ziel: Menschenkette um die Innenstadt, damit die Nazis woanders lang müssen... und das mussten sie dann auch und zogen ihren Trauermarsch Richtung Süden weiter. Das wurde natürlich wieder gefeiert und ich durfte dann auch einen Blick auf den Marsch werfen, da ich zu gegebener Zeit im PSV in Süd war.
Hunderte Polizisten sperrten die Hauptstrasse ab, voll angezogen mit Helm, Knüppel und schusssicheren Westen. Wasserwerfer auch parat und hinten stand die Kavallerie mit 10 berittenen Polizisten bereit. So meinte einer der Herren in Uniformen sinngemäß: "Eine teure Sache diese Kavallerie, aber es gibt was her." Irgendwann kam der Trauerzug in schwarz an mit genügend Begleitschutz und passierte die Kreuzung.


Eines muss man ihnen lassen. Sie schwiegen alle, auch wenn sie grimmig guckten und ihre mitgeführten Texte prangerten nur das Vergessen der Bombardierung an. Eigentlich sollten doch alle an einem Schweigetrauermarsch teilnehmen und nicht nur die mit rechter Gesinnung. Vermutlich gab es auch noch eine Kundgebung, wo das Ereignis für ihr Weltbild zurechtgelegt wurde, welches ich ablehne, aber das bekam ich nicht mit. 
Neben der Kirche abends, hätte man erwarten können, dass es Personen geben wird, die Blumen oder Ähnliches auf das Denkmal ablegten, aber wie mein Dessauer Bloggerkollege Bernd Nowack mitteilte, hat sich keiner dazu bewegen lassen, sowas zu tun, nicht einmal der Oberbürgermeister. Alles wurde in den Kampf gegen Rechts gesteckt, anstatt der Opfer zu gedenken, was sicherlich ein Schock für diejenigen ist, die damals vieles/alles verloren haben. Meine eigene Familie hatte damals Glück gehabt, dass es nur Verletzte gab und die eine Bombe das Wohnhaus, in dem meine Ururgroßeltern wohnten, knapp verfehlte - es würde mich sonst schlicht und einfach nicht geben.
Geschichten hab ich von meinen Uromas und meinem Opa zur Genüge gehört und auch nach 70 Jahren verblasst der Schrecken in ihnen nicht, wenn man hört, dass meine Uroma jahrelang danach keinen Keller mehr betrat.
Da das öffentliche Gedenken zu kurz kam, blätterte ich heute durch die MZ und las die zahlreichen Artikel über das Thema. Würde man die bunte Menschenkette mit zu dem Thema zählen, was ich nicht tue, da sie nur indirekt damit zu tun hat, waren es drei Berichte. Der zweite Text war ein persönliches Schicksal, der sicherlich die meisten Leser bewegt hat, aber hier geht es um den Dritten, wo es um das Geschichtliche geht, der mit Einseitigkeit nicht zu schlagen war.
"Dessau war keine unschuldige Stadt." hieß es, was ja nicht verkehrt ist, denn wir waren im Deutschen Reich eines der wichtigsten Rüstungsindustriezentren und somit weit vorn auf der Liste der "Guten". Also wurde die ganze Schuld für die Bombardierung den damaligen Nazis in die Schuhe geschoben und nicht ein Wort darüber, dass die Sache völkerrechtswidrig war, denn zu der Zeit war schon klar, wer den Krieg gewinnen würde. Um es mit heutigen Worten auszudrücken, war es ein Terroranschlag, denn es gab keinen strategischen Nutzen, aber da die Geschichte eine Geschichte der Sieger ist, und wir mittlerweile zu den "Guten" gehören, haben sie auch keine Mitschuld und wenn doch, wird sie einfach nicht erwähnt. 2000 Bomber sind schon in Ordnung.

"Das aufgetakelte Mädchen ist dran Schuld, dass es vergewaltigt wurde, denn der Täter konnte nicht anders darauf reagieren." ...


Euer Wetterschaf

3 Kommentare

  1. Ich bin sehr dafür, Demonstranten die Kosten ihrer Demos aufzuerlegen. Das wäre ein effektives Mittel, friedliche Demos weiterhin zu erlauben und Naziaufmärsche zu reduzieren. Dresden kann auch ein Lied davon singen, flossen dort doch in den letzten Monaten hunderttausende in so genannte Spaziergänge. In der Bildung wären sie besser angelegt gewesen.

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  2. Ein interessanter Beitrag und eine gute Sicht der Dinge, meiner Meinung nach.
    Auch ich bin der Ansicht es war reiner Terror und es war genauso geplant.

    Die Kriegsmaschinerie wurde durch die grausamen Bombardements kaum gebremst,
    vieles wurde unter die Erde verlagert und ging dennoch weiter - während die, welche in den Städten waren (Frauen, Kinder, Behinderte oder ältere Menschen) fast schutzlos ausgeliefert waren.

    Ich vergleiche es immer so, die Hälfte der Einwohner meines Heimatdorfes hätte Schuld auf sich geladen - man bombt das gesamte Dorf weg - Peng. Es gibt keinerlei Unterscheidung und die, welche völlig unschuldig waren sind die Opfer und dürfen doch keine sein ^^

    Schade, wenn das Gedenken solchen Randerscheinungen überlassen wird.

    Liebe Grüße
    Björn :)

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  3. nie wieder krieg ... und ja, nirgends ... auch wenn die heutigen kriege für uns weit weg sind (ukraine, irak, syrien, ...), sind sie allesamt ein verbrechen gegen die menscheit :-(

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